A.E.I.O.U. - Jahrhundertealtes historisches Rätsel laut Expertenmeinung gelöst (2024)

Start Graz Chronik A.E.I.O.U. – Jahrhundertealtes historisches Rätsel laut Expertenmeinung gelöst

Sensation in der Geschichtswissenschaft: Der deutsche Historiker Konstantin Moritz Langmaier präsentierte in Graz die Ergebnisse seiner neuesten Forschungen zu „A.E.I.O.U.“, der Herrschaftsdevise von Kaiser Friedrich III. Die Erkenntnisse lösen laut Expertenmeinung ein jahrhundertealtes historisches Rätsel

Untrennbar mit der Grazer Burg verbunden ist der berühmte „A.E.I.O.U.“-Schriftzug, der von Kaiser Friedrich III. während seiner Regierungszeit in Graz im ausgehenden Mittelalter als Herrschaftsdevise genutzt wurde. Nun liefert die Geschichtswissenschaft mit der Entschlüsselung des jahrhundertealten Rätsels, was mit Kaiser Friedrichs Buchstabenfolge ,A.E.I.O.U.‘ gemeint ist.

Am 29. März 2023 hat der deutsche Historiker Konstantin Moritz Langmaierdie diesbezüglichen Ergebnisse seiner Forschungen im Rahmen der Mitgliederversammlung des Historischen Vereins für Steiermark im Wartingersaal des Landesarchivs präsentiert und damit der Öffentlichkeit vorgestellt.

Über die Jahrhunderte wurde „A.E.I.O.U.“ zu einem nationalen Symbol Österreichs

Als der spätere Kaiser Friedrich III. (1415 – 1493) im Jahre 1424 als Kind die Herzogswürde der Steiermark, Kärntens und Krains erbte, war noch nicht absehbar, dass er später zum römisch-deutschen König mit der längsten Regierungszeit (1440 – 1493) und zum letzten in Rom gekrönten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden würde.

Bereits in seiner Zeit als steirischer Herzog, der in der Grazer Burg residierte, begann Friedrich, die Buchstabenfolge „A.E.I.O.U.“ zu verwenden. Der Schriftzug wurde erstmals für 1437 nachgewiesen. B

Bis heute prangen diese Buchstaben nicht nur auf der Grazer Burg und dem Grazer Dom, sondern zieren von Triest bis Wien und von Meran bis Wiener Neustadt (allein dort 57 Mal) viele historische Gebäude in ehemals habsburgisch beherrschten Gebieten Mitteleuropas.

Über die Jahrhunderte wurde „A.E.I.O.U.“ auch zu einem nationalen Symbol Österreichs und ist etwa Namensgeber des Kulturinformationssystems www.aeiou.atund auch in der Gegenwart „im Zentrum der Macht“ zu finden – im Kreisky-Zimmer des Bundeskanzleramts in Wien hat der Schriftzug neben dem Bundeswappen seinen Platz.

Was ist mit „A.E.I.O.U.“ gemeint?

Die Frage, was mit „A.E.I.O.U.“ gemeint ist, ist fast so alt wie dessen Verwendung durch Friedrich III. selbst. Von „Austria erit in orbe ultima“ über „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ bis zum sarkastisch-fatalistischen „Aller erst ist Österreich verloren“ sind über die Jahrhunderte rund 300 bekannte Interpretationen entstanden, Generationen von Historikern haben zum Ursprung geforscht. Als Lösung des historischen Rätsels greift Langmaier nun auf eine der ältesten, allerdings wenig bekannte überlieferte Variante zurück. „A.E.I.O.U.“ steht demnach für:

AmorElectisIniustisOrdinorUltor

Die Wortfolge, die zu Deutsch in etwa „Geliebt von den Erwählten, gefürchtet von den Ungerechten“ lautet,ist in zeitgenössischen Schriftstücken von und über Friedrich III. zu finden und in einen längeren lateinischen Satz eingebettet: „En, amor electis, iniustis ordinor ultor; Sic Fridericus ego mea iura rego.“

Dersteirische Herzog Friedrich verwendet diesen Satz – auf Deutsch „Seht, ich bin geliebt von den Erwählten, ich bin gefürchtet von den Ungerechten, also regiere ich, Friedrich, rechtmäßig“ – demnach bereits in jungen Jahren zur Herrschaftslegitimation. Mit seinem und durch unerwartete Todesfälle in anderen Familienzweigen der Habsburger begünstigten Aufstieg zum Senior des gesamten „Hauses Österreich“ und in weiterer Folge zum langjährigen Oberhaupt des Reiches fand das „A.E.I.O.U.“ des steirischen Herzogs Verbreitung weit über Friedrichs anfängliches Herrschaftsgebiet hinaus.

Dass diese Deutung des„A.E.I.O.U.“bisher in der historischen Forschung zwar bekannt war, aber nicht zu den „Favoriten“ zählte, hat auch mit der Geschichtswissenschaft selbst zu tun:Alfons Lhotsky, Doyen der österreichischen Mittelalterforschung im 20. Jahrundert, hat in seinen Arbeiten zum„A.E.I.O.U.“ dieses sogenannte „En-amor-Distichon“ als eine Erfindung des mährischen Notars Nikolaus Petschacher, einesvermeintlichen Rates von Kaiser Friedrich III., qualifiziert.

Langmaier weist nun durch seine Forschungen schlüssig nach, dass es sich bei Lhotskys Erkenntnis um einen Forschungsirrtum handelte.

betont Gernot Peter Obersteiner, Landesarchivdirektor und Obmann des Historischen Vereines für Steiermark. Damit und durch den Nachweis, dass die En-amor-Wortfolge bereits ab 1437 in Handschriften von Herzog Friedrich selbst genutzt wurde, lege Langmaier eine überzeugende These vor.

Die Erkenntnisse sind für die A.E.I.O.U.-Forschung bahnbrechend. Langmaier schlägt keine neue, bisher völlig unbekannte Interpretation vor, sondern weist stringent nach, dass das En-amor-Distichon lange Zeit zwar als zeitgenössisch wahrgenommen, aber zu Unrecht als externe Zuschreibung fehlinterpretiert wurde.

unterstreicht Obersteiner. Untermauert wird die Arbeit Langmaiers durch eine Quelle aus Brandenburg, die in der A.E.I.O.U.-Forschung bisher keine Beachtung fand: Der „Zinnaer Marienpsalter“, der älteste Druck Brandenburgs aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Zinna im heutigen Landkreis Teltow-Fläming.

Ich gratuliere Dr. Langmaier aufs herzlichste zu den Ergebnissen seiner Forschungsarbeiten. Ich denke, man kann getrost von einem historischen Moment sprechen, wenn es nun endlich eine überzeugende Antwort auf eine Frage gibt, mit der sich in der Geschichtswissenschaft schon viele bedeutende Persönlichkeiten beschäftigt haben. Für die Steiermark ist die Entschlüsselung des ,A.E.I.O.U.‘, das zu unserem reichhaltigen historischen Erbe gehört, von enormer Bedeutung.

unterstreicht Landeshauptmann Drexler.

Vor allem, aber nicht nur für historisch Interessierte sind diese neuen Erkenntnisse von unschätzbarem Wert. Wir haben hier nicht weniger als die Lösung eines jahrhundertealten Rätsels vorliegen.

erklärt Landesarchivdirektor Obersteiner.

Fotos: © Land Steiermark/Robert Binder

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